Diese Bezeichnungen sollten Sie unbedingt kennen
Der Bebauungsplan tauchte schon in einigen unserer Blogartikel auf. Allerdings meist nur als Randthema. Dabei gebührt dem Bebauungsplan eine viel größere Aufmerksamkeit. Denn er bestimmt letztlich, wie Ihr Haus aussehen darf oder sogar muss.
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Deswegen möchten wir Ihnen in diesem Artikel alles Wichtige rund um den Bebauungsplan erklären. Ăśbrigens: Architekt:innen und Bauträger:innen sprechen vom B-Plan, klingt lässiger und spricht sich leichter, oder?Â
Verwechseln Sie aber bitte niemals den B-Plan mit Plan B. Denn der Bebauungsplan sieht bei Ihrem Hausbau keinen Plan B vor. Alle dort festgehaltenen Voraussetzungen mĂĽssen von Ihnen erfĂĽllt werden.
Betrachten Sie den Bebauungsplan allerdings auch nicht als reinen Verbotskatalog. Im Gegenteil: Nutzen Sie ihn fĂĽr Ihr eigenes Bauprojekt.Â
In den nächsten zehn Minuten machen wir Sie in Sachen Bebauungsplan gerne schlauer. Bereit?
Wozu dient der Bebauungsplan?
Um den Sinn eines Bebauungsplans zu verstehen, ein einfaches Beispiel: Sie sitzen in Ihrem Garten. Auf dem Nebengrundstück rücken Bagger an. Dort entsteht ein neues Gebäude, ach nein, eher ein Hochhaus mit vier Geschossen, Balkonseite mit Blickrichtung auf Ihre grüne Wohlfühloase. Möchten Sie jetzt vor Freude in die Luft springen? Wohl kaum.
Sie verstehen nun, warum wir in unserer Einleitung darauf verwiesen haben, den Bebauungsplan nicht als böswillige Verbotsliste seitens der Baubehörde zu betrachten. Unser Beispiel zeigt hoffentlich sehr anschaulich, warum ein solcher Plan vor allem auch Ihren eigenen Interessen dient. Denn so müssen Sie nicht damit rechnen, in Ihrem Garten irgendwann auf dem Präsentierteller zu sitzen.
Es muss nicht einmal das Hochhaus sein, welches Ihre Lebensqualität beeinflusst. Öffentliche Gebäude, wie Schulen oder Kindergärten, oder die kleine Firma nebenan sorgen jeden Tag für einen gleichbleibenden Geräuschpegel. Wenn Ihnen das nichts ausmacht, wunderbar. Hatten Sie allerdings den Traum von idyllischer Ruhe, dann sollten Sie einen Bebauungsplan lesen und verstehen können.
Ăśbrigens:
Der Flächennutzungsplan dient als Grundlage für den Bebauungsplan. Sie müssen für Ihr Bauprojekt allerdings nur den Bebauungsplan kennen. Dieser ist für Sie als Bauherr:in rechtlich verpflichtend. Der Flächennutzungsplan dient nur der Behörde und beinhaltet keine Verpflichtungen für Sie.
Ein bisschen Juristerei
Wie ein Bebauungsplan inhaltlich und rechtlich korrekt auszusehen hat, regelt § 9 des Baugesetzbuches (BauGB). Wie ein Grundstück in Deutschland grundsätzlich genutzt werden darf, regelt wiederum die Baunutzungsverordnung (BauNVO).
FĂĽr schnelle Leser:innen hier die wichtigsten Inhalte in KĂĽrze. Der Bebauungsplan besteht formal aus zwei Teilen:
- Grafische Planzeichnung: Eine Zeichnung vermittelt per AbkĂĽrzungen, Zahlen, Linien und Symbolen die wichtigsten Informationen. Dabei geht es vor allem um grundlegende Dinge, wie beispielsweise Ausrichtung des Firstes, FlurstĂĽcknummer, GrundstĂĽcksgrenzen, Abgrenzungen zwischen verschiedenen Nutzungen, Baugrenzen, Baulinien, Bauverbote, und noch einiges mehr.
- Textteil: Der Text ergänzt und erläutert die grafischen Vorgaben der Planzeichnung. Nicht alles kann per Grafik dargestellt werden und bedarf weiterer Erklärungen.
Der Bebauungsplan dient als Grundlage für die Baugenehmigung. Baudamen und Bauherren können den Plan beim örtlichen Bauordnungsamt, der Gemeindeverwaltung oder dem Stadtplanungsamt jederzeit einsehen. Inzwischen bieten viele Kommunen die Bebauungspläne auch online an. Erkundigen Sie sich nach den Möglichkeiten.
Üblicherweise gibt es drei Formen von Bebauungsplänen. Zwei davon betreffen Ihr Bauprojekt direkt:
- Einfacher Bebauungsplan: Nicht alle gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben sind aufgeführt. Sie als Häuslebauer:in haben daher Spielräume, um die Baugenehmigung zu bekommen.
- Qualifizierter Bebauungsplan: Hier müssen Sie alle aufgeführten Vorgaben erfüllen, um die Baugenehmigung zu erhalten. Dabei handelt es sich um Art und Maß der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstückfläche und die Angaben zur örtlichen Verkehrslage, also beispielsweise, ob Pkw-Stellplätze geplant sind.
- Vorhabenbezogener Bebauungsplan: Diese Spezialform besitzt nur für Investoren Relevanz. Hier erarbeiten Investoren auf eigene Kosten in Absprache mit der Gemeinde den Bebauungsplan, um Bauvorhaben zeitlich schneller umzusetzen – für Sie daher nicht relevant.
So lesen Sie den Bebauungsplan
Aus datenschutzrechtlichen Gründen präsentieren wir Ihnen an dieser Stelle einen beispielhaften Auszug aus einem Bebauungsplan. Anhand der Grafik möchten wir Ihnen erst einmal die wesentlichen Inhalte der Planzeichnung erläutern.
So oder so ähnlich sieht der Bebauungsplan dann auch in Ihrer Gemeinde aus. Die obige Grafik soll Ihnen als kleine Hilfestellung dienen, um sich besser zurechtzufinden. FĂĽr die folgenden Informationen sollten Sie zwischendurch immer einen Blick auf diese Grafik werfen.Â
Alle Informationen, die wir Ihnen nun liefern, stehen genauso in der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Für Sie als privater Häuslebauer bzw. als private Häuslebauer:in sind nur die ersten drei Abschnitte bedeutsam.
Art der baulichen Nutzung
Wie eine Fläche oder ein Gebiet baulich genutzt werden darf, regelt der erste Abschnitt der BauNVO. Hier wird nochmal unterschieden zwischen Bauflächen und Baugebieten. Die Bezeichnungen resultieren aus dem bereits kurz erwähnten Flächennutzungsplan. Im Flächennutzungsplan finden sich in der RegelÂ
•   Wohnbauflächen (W)
•   Gemischte Bauflächen (M),Â
•   Gewerbliche Bauflächen (G) undÂ
•   Sonderbauflächen (S).Â
Der Bebauungsplan bricht diese allgemeinen Kategorien noch weiter herunter. Das sieht dann beispielsweise so aus:
Abkürzung | Baugebiet | Erläuterung |
---|---|---|
WS | Kleinsiedlungsgebiet | Siedlung auĂźerhalb von Ortschaften im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Betrieben. |
WR | Reines Wohngebiet | Hier steht Wohnen im Vordergrund. Andere Einrichtungen in Ausnahmen möglich. |
WA | Allgemeines Wohngebiet | Wohnhäuser und Einrichtungen des öffentlichen Lebens. Nicht störendes Gewerbe, Hotels, Verwaltungsgebäude, Tankstellen und Gärtnereien in Ausnahmen möglich. |
WB | Besonderes Wohngebiet | Mischgebiet, wo Wohnen im Vordergrund steht, viele weitere Gebäudearten sind zugelassen, beispielsweise Gewerbebetriebe oder Büros und Ähnliches. |
MD | Dorfgebiet | Hier stehen die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Vordergrund. |
MI | Mischgebiet | Hier ist alles außer Industrie erlaubt, außerdem Kneipen oder Discos nur in gewerblich geprägten Bereichen. |
MK | Kerngebiet | Hier finden sich Handelsbetriebe, zentrale Einrichtungen von Wirtschaftsbetrieben, Verwaltungen und Kultur. |
MU | Urbane Gebiete | Hier ist alles erlaubt, was das Wohnen nicht wesentlich stört. Möglicherweise kann vorgeschrieben sein, die Erdgeschosse ausschließlich für Gewerbe vorzusehen. |
GE | Gewerbegebiet | Reines Gewerbe, keine Industriebetriebe. |
GI | Industriegebiet | Baugebiet für alle Gewerbebetriebe, die in anderen Baugebieten nicht zulässig sind. |
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MaĂź der baulichen Nutzung
Beim Maß der baulichen Nutzung handelt es sich um bestimmte Kennzahlen. Die Kennzahlen können eindeutig und verbindlich ausgewiesen sein oder Spielräume beinhalten. Diese Kennzahlen tauchen üblicherweise im Bebauungsplan auf:
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Abkürzung | Bezeichnung | Erläuterung |
---|---|---|
GFZ | Geschossflächenzahl |
Die Geschossflächenzahl gibt an, wie viel Quadratmeter für alle Geschosse auf einem bestimmten Grundstück maximal eingeplant werden dürfen. Beispiel: Als GFZ ist 0,4 ausgewiesen. Die Grundstücksfläche beiträgt 1.000 m². Die erlaubte Geschossfläche liegt dann bei 400 m². |
BMZ | Baumassenzahl |
Die Baumassenzahl gibt das maximale Volumen an, welches vom untersten bis zum obersten Vollgeschoss auf einem bestimmten Grundstück erlaubt ist. Beispiel: Als BMZ ist 0,6 ausgewiesen. Die Grundstücksfläche beträgt 1.000 m². Das maximale Volumen oder die Baumassenzahl liegt dann bei 600 m³. |
GRZ | Grundflächenzahl |
Die Grundflächenzahl definiert, wie viel Prozent des Grundstücks überbaut werden darf. Beispiel: Eine GRZ von 0,4 bedeutet, 40 % des Grundstücks dürfen überbaut werden. Wenn laut Bebauungsplan nur ein Vollgeschoss vorgesehen ist, dann sind GFZ und GRZ gleich. |
I bis X | Zahl der Vollgeschosse |
Im Bebauungsplan wird die Zahl der erlaubten Vollgeschosse mit einer römischen Ziffer ausgewiesen. Beispiel: Eine II bedeutet, Ihr Haus darf maximal zwei Vollgeschosse haben. Achtung! Was genau ein Vollgeschoss ist, definiert jedes Bundesland unterschiedlich. |
TH | Traufhöhe |
Traufe, so lautet die Bezeichnung für die Tropfkante am Dach, an der üblicherweise die Regenrinne hängt. Bei einem Dachüberstand spricht der Experte oder die Expertin von der Dachtraufe. Der Traufpunkt definiert sich als Schnittpunkt von Fassade und Dachhaut, also dem äußeren Bereich des Daches. Die Traufhöhe bezeichnet dann den Abstand zwischen dem Traufpunkt und einem sogenannten Höhenbezugspunkt, in der Regel irgendeinem Punkt auf der Straße. |
FH | Firsthöhe |
Mit der Firsthöhe ist der höchste Punkt des Hauses gemeint. |
OK | Oberkante |
Die Oberkante kann der Höhenpunkt des Geländes oder eines anderen Gebäudes sein. |
DN | Dachneigung |
Die Dachneigung hängt von der Dachform ab. Die Dachneigung wird in Grad angegeben. |
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Apropos Dachform: In einigen Bebauungsplänen gibt es verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Dachform. Auch dafür gelten entsprechende Abkürzungen. Das können beispielsweise sein:
•   Flachdach (FD),Â
•   KrĂĽppelwalmdach (KWD),Â
•   Mansarddach (MD),
•   Pultdach (PD),Â
•   Satteldach (SD),
•   Tonnendach (TD),Â
•   Versetztes Pultdach (vPD),Â
•   Walmdach (WD),Â
•   Zeltdach (ZD).
Bauweise, Baulinien, Baugrenzen
Im dritten Abschnitt geht die BauNVO noch etwas näher auf die mögliche Position und die Ausrichtung Ihres künftigen Hauses ein.
Wo Ihr Haus später stehen darf, definiert die Baugrenze. Hier ist auch oft die Rede vom Baufenster, weil Sie in der Regel einen gewissen Spielraum haben. Die Baugrenze oder das Baufenster erkennen Sie im Bebauungsplan an einer Linie, bei der auf zwei Strichen ein Punkt folgt – das sehen Sie oben in der Grafik unter der Nummer 6.
Wenn Sie noch eine Garage oder anderen Anbau zur Lagerung planen, dürfen Sie diese Gebäude auch außerhalb der Baugrenze errichten. Vorgeschriebene Abstände müssen Sie dabei trotzdem beachten.
Damit wären wir bei der Baulinie. Diese definiert im Bebauungsplan die genaue Lage und Form Ihres Hauses. Im Plan erkennen Sie die Baulinie an zwei Punkten, auf die ein Strich folgt – in der obigen Grafik die Nummer 7.
Bei der Bauweise gibt es zwei grundlegende Kriterien: die Offene und die Geschlossene. Wenn eine offene Bauweise ausgewiesen ist, muss Ihr Haus einen seitlichen Grenzabstand einhalten. Garagen und Stellplätze dĂĽrfen Sie bis an die Grenze bauen.Â
Sie ahnen es schon, die geschlossene Bauweise sieht keine entsprechenden seitlichen Grenzabstände vor. Ihr Haus kann also direkt an die Wand des Nachbarhauses angrenzen. Hierbei gelten allerdings bestimmte Vorgaben bezüglich der Grenzwände, unter anderem aus Feuerschutzgründen.
Als AbkĂĽrzungen finden Sie im Bebauungsplan dann beispielsweise:
- Offene Bebauung: Einzelhäuser (E) oder Doppelhäuser (D) mit festgelegtem Grenzabstand.
- Geschlossene Bebauung (g): Doppelhäuser (D) oder Reihenhäuser (R) ohne seitlichen Grenzabstand.
Ăśbrigens:
Auch die Beamten und Beamtinnen im Bauamt wissen, das ist eine ganze FĂĽlle an Informationen auf einen Schlag. Daher steht im Bebauungsplan eine sogenannte Baunutzungsschablone. Dabei handelt es sich um eine Art Karteikarte, auf der die wesentlichen Informationen in kompakter Form vermerkt sind. Hier ein visuelles Beispiel:
Und wenn Sie noch tiefer in die Abkürzungen und Symbole des Bebauungsplans eintauchen möchten, dann schauen Sie in die Planzeichenverordnung. Dort stehen alle gültigen Bezeichnungen detailliert aufgelistet.
Kein Bebauungsplan vorhanden, und nun?
Kein Bebauungsplan, also kann auch nicht gebaut werden. Nein! Vor allem in älteren bereits bestehenden Wohngebieten, in denen Baugrund wegen Abriss frei wird, gibt es nicht zwangsläufig einen Bebauungsplan. Das ist nur ein Beispiel. Es existieren weitere Fälle, wo kein Bebauungsplan vorhanden ist. Hier greift dann § 34 des Baugesetzbuches (BauGB).
Der Paragraf in einem Satz zusammengefasst: Ihr Haus muss sich an den vorhandenen Gebäuden orientieren. Das lässt viele Spielräume zu. Sprechen Sie daher unbedingt mit den örtlichen Baubehörden.
Wenn Sie schon mit den Beamten und Beamtinnen reden, dann fragen Sie auch nach möglichen Baulasten. Diese sind nicht immer direkt im Bebauungsplan ausgewiesen. Dafür gibt es ein eigenes Baulastenverzeichnis. Baulasten können auf Ihrem Grund verzeichnet sein und betreffen Sonderrechte, beispielsweise Wegerechte Ihres Nachbarn, der über Ihr Grundstück zu seinem Haus fahren darf.
Ăśbrigens
Ändert sich der Bebauungsplan für ein Baugebiet, gilt für vorhandene Häuser ein Bestandsschutz. Sollten Sie ein Grundstück erwerben, auf dem zuvor ein Haus stand, erlischt bei Abriss des Gebäudes der Bestandsschutz. Sie müssen Ihr Haus dann nach dem aktuell gültigen Bebauungsplan bauen.
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Fazit
Zugegeben: Es gibt eine spannendere LektĂĽre als einen Bebauungsplan. Wir finden es dennoch wichtig, Sie mit der Materie näher vertraut zu machen, unabhängig davon, ob Sie mit einem Architekten bzw. einer Architektin oder einem anderen Bauträger bzw. einer anderen Bauträgerin bauen.Â
In dem Falle müssen Sie sich nicht zwangsläufig mit dem Thema auskennen. Bei anstehenden Entscheidungen bei Ihrem Bauprojekt schadet es allerdings nicht, wenn Sie über ein gesundes Grundwissen verfügen. Falsche Entscheidungen kosten meistens viel Geld.
Bei Ytong Bausatzhaus unterstĂĽtzen wir Sie bestmöglich bei allen auftauchenden Fragen. Das betrifft selbstverständlich auch den Bebauungsplan.Â
Unsere Ytong Bausatzhaus Partner vor Ort kennen sich in ihrer angestammten Region bestens aus. Ihr Vorteil: Unsere Experten und Expertinnen verfügen über zusätzliches Detailwissen und können daher viel genauer einschätzen, ob Ihr Wunschgrundstück noch ein paar Überraschungen bereithält, nicht nur im Bebauungsplan.
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